Achtung Ansteckungsgefahr!

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Hast du schon einmal bemerkt, dass du dich nach einem Treffen mit einer ständig schlecht gelaunten Person selbst bedrückt fühlst? Oder dass ein Streit in der Arbeit deine Laune noch Stunden später trübt? Das ist kein Zufall. Negative Stimmungen und Emotionen anderer wirken oft wie ein Virus – sie können sich übertragen und unser eigenes Wohlbefinden beeinflussen.

Warum Gefühle so schnell überspringen

Menschen sind soziale Wesen. Unser Gehirn ist darauf programmiert, die Gefühle anderer zu erkennen und darauf zu reagieren. Verantwortlich dafür sind unter anderem sogenannte Spiegelneuronen: Nervenzellen, die aktiviert werden, wenn wir die Emotionen anderer wahrnehmen. Lächelt jemand, werden in uns ähnliche Reaktionen ausgelöst, die Freude fördern. Genauso verhält es sich mit Ärger, Traurigkeit oder Angst – wir nehmen sie unbewusst auf.

Emotionen wirken nicht nur negativ – auch das steckt an

Dieses Phänomen wirkt nicht nur in negativer Richtung. Positive Emotionen können sich ebenso schnell verbreiten – und sogar stärkere Effekte auf Motivation, Kreativität und Wohlbefinden haben.

  • Lächeln wirkt ansteckend: Schon ein freundlicher Gesichtsausdruck kann die Stimmung im Raum heben.
  • Gute Laune steckt Teams an: Studien zeigen, dass optimistische Führungskräfte ihre Teams zu höherer Leistung motivieren können.
  • Dankbarkeit und Wertschätzung: Werden diese Emotionen aktiv gezeigt, erzeugen sie Resonanz und stärken Beziehungen.

So kannst du positive Dynamiken bewusst nutzen

  • Selbst positive Impulse setzen – bewusst freundlich, wertschätzend oder humorvoll auftreten.
  • Rituale schaffen – z. B. kleine Gesten in Familie oder Team, die Freude fördern.
  • Positive Gesprächskultur – über Erfolge sprechen statt nur Probleme wälzen.
  • Selbstfürsorge – wer innerlich stabil ist, gibt positive Stimmung leichter weiter.

Was die Forschung über emotionale Ansteckung zeigt

Die Psychologen Elaine Hatfield und John Cacioppo prägten in den 1990er-Jahren den Begriff „emotionale Ansteckung“. Sie zeigten, dass Menschen unbewusst Mimik, Gestik und Stimmung ihrer Mitmenschen imitieren – und dadurch ähnliche Emotionen entwickeln.

Arbeitsplatz: Wenn Stress ansteckend wird

Die ETH Zürich (2020) verwandelte Großraumbüros in Forschungslabore und maß den Stress von Mitarbeitenden über zwei Stunden.
Das Ergebnis: Stresshormone wie Cortisol stiegen signifikant bei hoher Geräuschkulisse und Unterbrechungen. Schon die Präsenz gestresster Kollegen reichte aus, um eigene physiologische Stressreaktionen auszulösen.
Also… Negative Emotionen verbreiten sich besonders schnell in offenen Arbeitsumgebungen.

Partnerschaften: Wie Gefühle die Beziehung prägen

Emotionale Ansteckung betrifft nicht nur den Arbeitsplatz, sondern vor allem enge Partnerschaften.

  • Studie der University of California (2014): Paare, die gemeinsam Stresssituationen erlebten, wiesen synchronisierte Cortisolwerte auf. Das zeigt: Stress überträgt sich messbar zwischen den Partnern.
  • John Gottman, einer der bekanntesten Beziehungsforscher, belegte, dass negative Emotionen in Konflikten (z. B. Kritik, Verachtung) besonders stark wirken und das Wohlbefinden des Partners nachhaltig beeinflussen.
  • Emotionale Resonanz: Partner spiegeln die Emotionen des anderen häufig, was Bindung stärken, aber auch negative Muster verstärken kann.

Besonders in Liebesbeziehungen kann sich eine dauerhafte negative Stimmung zu einem Kreislauf entwickeln, der Stress und Rückzug fördert.

Familien: Warum Kinder Stimmungen besonders stark übernehmen

Auch in familiären Beziehungen gibt es deutliche Hinweise auf emotionale Übertragung:

  • Studien zum „emotionalen Klima“ in Familien zeigen, dass Kinder besonders empfänglich für die Stimmungen ihrer Eltern sind.
  • Untersuchung der University of Notre Dame (2015): Kinder von Müttern, die häufig unter Stress oder Depression litten, zeigten nicht nur mehr Stresssymptome, sondern auch veränderte Cortisolwerte.
  • In konfliktreichen Familiensituationen übernehmen Kinder häufig Angst und Anspannung, was langfristig das emotionale Wohlbefinden beeinflusst.

Familiäre Nähe verstärkt emotionale Ansteckung – weil emotionale Bindung hier besonders stark ist.

Welche Folgen emotionale Ansteckung hat

  • Stimmungssenkung: Die Übernahme negativer Emotionen führt zu Stress, Anspannung oder Traurigkeit.
  • Veränderte Wahrnehmung: Negative Stimmung lässt uns Probleme stärker wahrnehmen.
  • Körperliche Reaktionen: Stresshormone steigen, Herzschlag und Blutdruck erhöhen sich.
  • Verhalten: Rückzug, Gereiztheit oder Weitergabe der schlechten Laune – eine emotionale Kettenreaktion.

So schützt du dich – und verstärkst das Positive

Bewusst wahrnehmen

Erkenne, wann dich die Stimmung anderer herunterzieht.

Innere Abgrenzung üben

Pausen, Rückzugsorte und Atemtechniken helfen.

Emotionale Distanz schaffen

Bewusst inneren Abstand nehmen, ohne Mitgefühl zu verlieren:

  • Gefühle des Gegenübers beobachten, statt sie automatisch mitzufühlen.
  • Mentale Schutzbilder nutzen (z. B. eine „Glaskuppel“ um dich herum).
  • Eigene Gefühle klar benennen („Das ist ihre Wut, nicht meine“).
  • Sich die eigene Rolle bewusst machen, etwa: „Ich bin Kollege, nicht Verantwortlicher, nicht Therapeut“.

Positive Kontakte pflegen

Menschen, die Zuversicht ausstrahlen, wirken wie ein Gegengewicht.

Gesprächskultur verbessern

Offener Austausch verhindert unreflektierte Negativität.

Selbstfürsorge stärken

Je stabiler du bist, desto weniger übernimmst du Fremdstimmungen.

Warum es sich lohnt, genauer hinzusehen

Emotionale Ansteckung ist kein Randphänomen, sondern ein fester Bestandteil unseres täglichen Miteinanders. Ob im Großraumbüro, in einer Partnerschaft oder innerhalb der Familie – wir sind ständig Sender und Empfänger von Stimmungen. Die Forschung zeigt klar: Je enger die Beziehung und je offener das Umfeld, desto stärker wirken sich die Emotionen anderer auf uns aus – sowohl im Positiven als auch im Negativen.

Das bedeutet aber nicht, dass wir diesen Einflüssen hilflos ausgeliefert sind. Im Gegenteil: Wer seine eigene emotionale Verfassung bewusst wahrnimmt, kann lernen, negative Stimmungen zu erkennen, sich innerlich abzugrenzen und gezielt gegenzusteuern. Gleichzeitig eröffnet uns dieses Wissen die Möglichkeit, Emotionen aktiv zum Guten einzusetzen. Ein Lächeln, ein wertschätzendes Wort oder ein Moment echter Aufmerksamkeit können wie kleine Funken wirken, die eine ganze Stimmungslage verändern.

So wird emotionale Ansteckung zu einem Werkzeug, das uns hilft, Beziehungen zu stärken, Teams zu motivieren und das Familienklima positiv zu gestalten. Es lohnt sich, nicht nur darauf zu achten, welche Stimmungen auf dich übergehen, sondern auch, welche du selbst in die Welt hinausgibst. Denn jede Emotion, die wir ausstrahlen, hat das Potenzial, Wellen zu schlagen – weit über unseren eigenen Radius hinaus.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Wir alle sind Teil eines ständigen, unsichtbaren Austauschs. Wenn wir diesen bewusst gestalten, können wir nicht nur unser eigenes Wohlbefinden schützen, sondern auch die emotionale Atmosphäre um uns herum bereichern.

Hinweis:

Die Inhalte dieses Artikels dienen der allgemeinen Information und Inspiration. Sie ersetzen keine individuelle Diagnose oder Therapie im medizinischen oder psychotherapeutischen Sinne.

Wenn dich das Thema persönlich betrifft oder du dir Unterstützung wünschst, stehe ich dir als Heilpraktikerin für Psychotherapie & Coach gerne zur Seite.

Kontakt: Tel. 0151-42601170 · E-Mail: info@susanne-franke.de